Roy Hirabayashi, San Jose Taiko, im Gespräch mit Oliver Boldt,
Kalifornien Februar 2006
Als wir die ersten Auftritte absolvierten, spielten wir die Stücke im wesentlich so, wie wir sie gerlernt hatten. Dabei spielte auch der Glaube eine Rolle, dass es sich um überlieferte Originale handelt. Es gab mehrere Stücke deren Arrangement daraus bestand, dass ein einmütiger Hauptteil insgesamt drei Mal gespielt wurde - ggf. von Intro/Outro eingerahmt. Wir hatten das Bedürfniss, diese Stücke interessanter zu gestalten und auch von Musikerkollegen gehört, dass diese einfachen Arrangements zu durchschaubar und vorhersagbar sind. So entwickelten wir interessantere Arrangements für z.B. "Hachi Jou" und "Mitsu Uchi".
Taiko: Improvisation & Komposition am 4.-5. Mai 2019
Meine Workshops können auch in anderen Städten angeboten werden.
Der Glaube ist weit verbreitet, dass es sich bei historischen Stücken wie "Yatai Bayashi" oder "Hachi Jou" um festgelegte Stücke handelt. Das mag bei modernen Bühnenfassungen auch der Fall sein, aber bei den traditionellen Originalen wird viel improvisiert. In Japan wird die mündliche Tradition gepflegt - Freiheitsgrade sind da inklusive.
Improvisation ist aber nicht nur wichtig, wenn man die tradionellen Stücke authentisch spielen will. Wer selber eigene Arrangements und Kompositionen schreiben will, benötigt einen freieren Umgang mit Musik, um innerhalb eines Genres neue Werke zu schaffen. Beim 1. U.K.-Taiko-Festival lernten wir den Taiko-Profi Mark Alcock von Taiko-Meantime kennen und luden ihn nach Deutschland ein, um mit uns zu arbeiten. U.a. zeigte er uns, wie man an der O-Daiko improvisiert. Für mich war es wie ein Schlag vor den Kopf: grundsätzlich funktioniert es genauso, wie ich es vom afrikanischen Trommeln kenne - lediglich die Rhythmen sind andere.
Einige Jahre lang habe ich die Improvisation mit in den Unterricht einfließen lassen, und in der Zeit eine Systematik entwickelt mit der man sich strukturiert an das Thema herantasten kann. Im Oktober 2012 fand der erste öffentliche Workshop zum Thema "Improvisation an der Taiko" statt.
Ich improvisiere praktisch immer, allerdings mehr "im Kopf" und mit der Stimme als auf der Taiko. Rhythmische Ideen bringe ich dann in Notenschrift und wir probieren sie auf der Taiko aus. Schritt für Schritt wird die Idee dann zu einem Stück weiterentwickelt. So früh wie möglich beziehe ich auch meine Gruppe mit ein. So hat jeder die Möglichkeit, Ideen zu Rhythmen, Dynamik/Phrasierungen und das Arrangement mit zu entwickeln, und so das Stück zu etwas Eigenem zu machen - ein wichtiger Faktor für einen authentischen musikalischen Vortrag.
Im Jahre 2010 schrieben wir für den Lugert-Verlag einen Artikel zum Thema "Taiko lernen in Schulen". Dafür benötigten wir u.a. ein Übungsstück. In den Jahren zuvor hatten wir schon mehrfach die Erfahrung gemacht, dass sich vermeintlich traditionelle Stücke als zeitgenössische Kompositionen entpuppten. Da es sich damit um urheberrechtlich geschütztes Material handelt, wollten wir Teile davon nicht für den Artikel benutzen. Zusammen mit Katja Nill schrieb ich das Stück "Shu-tsu-gyo Bayashi" (Musik der Fischer, die aufs Meer fahren). Es wurde ein einfaches Stück, welches aber sehr gut die Taiko-Energie rüberbringt - wir spürten, dass das Stück noch mehr Potenzial hat. Ich schrieb ein O-Daiko-Solo zum Thema Sturm und integrierte es. Dann fügten wir eine Atarigane-Stimme hinzu (als Sturmglocke), und die Shime-Begleitung erhielt eine Variation, um Wasser und Wellen darzustellen. Am Ende hatte sich aus dem kurzen Anfängerstück eine 6-minütige Version für 6-8 Trommler entwickelt.
Eko-ko, 2016
Hanabi, 2014-2015
Hanryo, 2011
Nami, 2013
Oyobi daiko, 2011
Shotaimu, 2015 / 2018
Shu-tsu-gyo bayashi, 2010 (*1)
Shinnenkai, 2015
Tabi dachi, 2014 (*1, *2)
Taiko-no-Oto, 2016-2017
Yoko-san, 2013-2014
Weitere Infomationen sind auf der Seite
www.yo-bachi-daiko.de/repertoire zu finden.
*1 mit Katja Nill
*2 Tabi dachi ist Open-source !
2011 komponierte ich das Stück "Hanryo - die Gefährten". Dieses Stück erzählt die Geschichte mehrerer Gefährten, welche wandernd sich ständig ändernde Landstriche durchqueren. Mal geht's bergauf, mal bergab, manchmal ist es still und manchmal reden alle durcheinander... Diese zweistimmige Komposition kommt fast ohne Wiederholungen aus, und holt aus den Trommeln viele Klänge und eine hohe Dynamik heraus. Die Live-Premiere von Hanryo ist auch auf YouTube zu sehen (neben unserer Version von Omiyage).
Zur Zeit sind mehrere neue Stücke in Arbeit, die auch noch in diesem Jahr über Auftritte und ggfs. Videos veröffentlicht werden sollen.
Meine erste Komposition für Yoko-Uchi ist das Stück Yoko-san, hier bei der der Bühnenpremiere August 2014.